Schlechter Geschmack im eigenen Saft.

Wer sich vor kurzem in die virtuelle Preisverleihung des #BrandEx verirrte (und es waren immerhin rund 750 Menschen virtuell dabei), musste sich unweigerlich an eine misslungene Abiturfeier in den 80er Jahren erinnern. In etwa so albern und so unprofessionell ging es dort knapp 120 Minuten auf der Bühne zu. Kaum etwas von dem, was einem eigentlich peinlich sein müsste, wurde ausgelassen.

Moderationskalauer auf unterstem Niveau, („Ich bin billiger als Barbara Schöneberger, ach nein, günstiger“, „Prost, einen gewissen Alkoholisierungsgrad muss ich vertraglich erreichen“. „Jetzt schauen wir zu den Gewinnern, oh, da wird sicher noch in der Nase gepopelt“), dazu ein Branchenverbands-Geschäftsführer, der sich permanent in die „Handlung“ drängte und der Gespräche über Tattoos und Hipstermütze mit Content verwechselte. Alles flankiert von ein paar altbekannten Branchenprotagonisten, die bemüht waren, das Niveau konstant möglichst weit unten zu halten, auf der Bühne zelebrierter Alkoholkonsum inklusive.

Das alles lässt sich beim besten Willen nicht mit Jugendsünden entschuldigen, den erstens war ein Großteil der Protagonisten um oder über 50 und zweitens behaupten ebendiese Branchenvertreter seit Jahrzehnten, professionell und auf Augenhöhe mit Kunden (und anderen Kommunikationsdisziplinen) zu arbeiten. Nach dem gestrigen Abend muss man leider schon wieder sagen: bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Selbstverständlich kann man über Geschmack streiten, nur ging es eben nicht um das launige Zelebrieren von „was auch immer“, sondern um die Würdigung der besten Event- und Messeprojekte des letzten Jahres in Deutschland. Also um die Auszeichung von Qualität in einer Branche, der ihre Kunden Milliarden zahlen, um Unternehmenskommunikation perfekt (und angemessen) in Szene zu setzen.

Jeder „Event“ besteht aus zwei Komponenten, aus Pflicht und Kür, aus Handwerk und Kunst. Kunst und Kür waren nicht zu erkennen, Pflicht und Handwerk ein mittleres Desaster. Bild und Ton fehlten beinahe öfter als sie da waren. Der Live-Chat funktionierte ebenfalls nicht, aber vielleicht war das sogar besser so.

Die allgegenwärtigen Pleiten, Pech und Pannen wurden zelebriert, als wenn man so etwas zum allerersten Mal machen würde. Nein, lieber #Famab, so ein Format ist heutzutage absolut Standard und muss selbstverständlich fehler- und ruckelfrei funktionieren.

Bei alledem vergisst man beinahe den Blick auf den Content, also die zu ehrenden Projekte, um die es ja eigentlich ging, wären sie nicht von der Selbstdarstellung der Branchengrößen völlig überstrahlt worden. Auch da, Stirnrunzeln. Über eine Gewinnerquote von fast 40% (bei seriösen Wettbewerben oft nur im einstelligen Bereich). Vierzig Prozent sind weder belohnend noch wertschätzend noch angemessen noch notwendig. Vierzig Prozent sind schlicht inflationär.

Was bleibt ist Trauer. Trauer darüber, dass schon wieder eine Gelegenheit verspielt wurde zu beweisen, was gut gedachte und gut gemachte Events leisten können. Für Kunden und Gäste, im realen Leben und auch virtuell.

Die Verantwortlichen sind bemüht dieses peinliche Spektakel aus der kollektiven Erinnerung zu löschen. Es ist im Netz nicht mehr zu finden. Das spricht Bände, oder?